31. Tag: von Seljenes nach Honningsvåg 85,4 Km

34 Kilometer trennen uns noch von unserem Ziel. Wir werden es morgen mit unserer letzten Etappe von Honningsvåg aus erreichen.


Stichwort "Letzte Etappe". Nach über 4 Wochen Radeln auf das Ziel "Nordkap" hin, fühlt sich das abwechselnd toll und ambivalent an. Toll, weil das, von dem wir solange geträumt hatten, was viele Jahrzehnte im Lanzeitspeicher geschlummert hat, was zwischenzeitlich auch schon mal als "in diesem Leben nicht mehr realisierbar" abgeschrieben war, morgen Wirklichkeit werden wird. Und "ambivalent", weil wir während des vierwöchigen Radelns zwar logischerweise dieses Ziel mit Etappenplanung, Unterkünfte finden, Verpflegung organisieren  jeden Tag verfolgt haben, jeder Tag aber selbst schon schon viel von unserem Beweggrund "Ziel" in sich trug und manchmal auch Herausforderung war, was wir an jedem Etappenende ausgiebig genossen.


Morgen also das Ziel aller unserer Etappenziele...


...und "das war's dann"... -‐------------ Gedankenstrich, hier besonders lang, weil uns bei diesem Gedanken soviel an Bildern,  Emotionen, noch ganz konkret zu erledigenden Dingen durch die behelmten Köpfe rauscht, dass der Platz in unserem heutigen Block nicht ausreichen würde, um auch nur einen kleinen Teil an dieser Stelle wiedergeben zu können. Manches wird sicher auch ganz individuell und persönlich nachbearbeitet, und wird uns - so sollte es ja sein - bis an unser Lebensende "beschäftigen" 🙂.


Und ganz besonders wichtig: Wir müssen unsere Spendenaktion abschließen, was im öffentlichen Sinne das bedeutendste, emotionalste, verbindendste Ziel unserer Tour war und uns im bisherigen Ergebnis so sehr gefreut hat, dass diese Freude - so würden wie uns das wünschen - hoffentlich bis zu den Spendenempfängern, den an Cholera erkrankten Kindern und deren Eltern, dringen möge. Und das kann ja nun tatsächlich ganz konkret gelingen, dass die mit den Spendengeldern beschafften Medikamente diese Freude "tansportieren" und zur medizinischen und emotionalen Wirkung bringen.


Deshalb ist morgen noch nicht Schluss! Wir sind noch auf der Reise. Unser Etappenziel werden wir morgen ganz besonders genießen, das aber, was uns aber mit unseren Freunden, mit Bekannten und Unbekannten, mit den vielen Spendern u.a. über unseren Blog verbindet noch etwas weiterführen, bis wir - voraussichtlich am nächsten Samstagabend - wieder in Mannheim, dem Ausgangspunkt unserer Reise, angekommen sind. Also: etwas Frühstückslektüre wird es noch ein paar Tage geben...

Vor soviel "Etappenziel vor den Augen", wäre beinahe der heutige Tag unberücksichtigt geblieben. Wir steigen ein in den Bericht mit einem Bild... das wahrscheinlich schon viele Attribute dieses Tage in sich vereint.


Die 85,4 Kilometer waren äußerst feucht, zudem kalt und stürmig (was ohne genaue Kenntnis der Windgeschwindigkeit möglicherweise untertrieben ist).


Das Bild ist entstanden bei einer Rast auf der windabgewandten Seite eines Schuppens am Wegesrand. Unterstellmöglichkeiten gab es auf der gesamten Strecke praktisch nicht, es sei denn, wir hätten die Gelegenheit genutzt, unser Butterbrot in einem der Straßentunnel auszupacken, die immerhin 15 Kilometer der heutigen Etappe umfassten.


Kurzgefasst: Der heutige Tag war der anstrengendste Tag der gesamten Tour und keiner von uns Dreien kann sich daran erinnern,  jemals in seinem Leben eine härtere Radeletappe gefahren zu sein: Ein beständiger Gegenwind (außer in den Tunneln 😅), der so stark war, dass wir in der Ebene und teilweise bei Abfahrten nur mit Anstrengung im ersten Gang fahren konnten, und Böen, die unsere Räder schlagartig zum Stillstand brachten. Nach anstrengenden ersten 20km hatten wir fast schon die Hoffnung aufgegeben, unser Tagesziel heute noch zu erreichen. Eine Unterhaltung war aufgrund der Lautstärke des Windes nicht möglich.


Wir sind angekommen, wurden zwischenzeitlich aber an Odysseus erinnert....was aber nicht ganz korrekt ist, denn der hatte ja seinen Erfolg schon vor den Prüfungen und war auf der Heimreise. Nun ja, halt so ein wenig - man braucht ja Bilder und Vergleiche.

Nass und nasser, stürmig und stürmiger. Wir mussten für unsere heutige Tour auf die gesamte Bandbreite unserer Bordklamotten zurückgreifen, um nicht bis auf die Knochen durchnässt ins Ziel zu kommen. Die Temperatur war einstellig, wahrscheinlich so um die 8°C. 


Ungern berichten wir, dass uns gestern und heute einige (wenige) Nordkap-Radler begegnet sind, die unter diesen Rahmenbedingungen leicht bekleidet, in kurzen Hosen und mit offenen Sandalen unterwegs waren. Das erinnert uns schmerzlich an die Warmduscher-Diskussion  die wir in den ersten Tagen unserer Tour geführt hatten. Heute sind wir Drei uns in dieser Hinsicht einig: Dann lieber Warmduscher  und wir stehen dazu!

Nach ausgiebigem Warmduschen haben wir eine Pizzeria aufgesucht, eins der Lokale, das über 19:00 Uhr hinaus an diesem Sonntag noch geöffnet hatte. Die Pizzeria war funktional, wie der gesamte Ort Honningsvåg, um es charmant auszudrücken. Wir waren fast die einzigen Gäste in einem großen, kahlen Raum und bestellten Pizza. Es gab sie in den Größen M und L. Wir bestellten angesichts der Strapazen unserer gerade absolvierten Etappe Pizza in Größe L, ohne dass Zucken der Augenbrauen des Mannes an der Bestellannahne, italienischer Typus, zu beachten.


Tunnelblick

Das erste Bild zeigt einen gerade neu erbauten Straßentunnel, ganz zu Beginn der Etappe. 3,6 Kilometer lang mit einer abgetrennten Rad-Fußgängerspur. Gut beleuchtet und gut zu fahren. Vor dem Tunnel machen wir das Licht an unseren Fahrrädern an und streifen uns die Warnwesten über. Das lassen wir auch so aus guten Gründen bis zum Ziel in Honningsvåg. Es ist wenig Autoverkehr im Tunnel, überrascht sind wir jedoch von der enormen Lautstärke der Fahrzeuge, die sie im Tunnel erzeugen. Aber ok, wir sind durch, eine dicke Betonabtrennung schützt uns vorm Autoverkehr.


Die nächsten Bilder zeigen uns vor und nach Durchquerung des Norkap-Tunnels. Der ist knapp 7 Kilometer lang und an seiner tiefsten Stelle etwas über 200m unter dem Meeresspiegel. Hier gibt es keinen Fahrradstreifen und der "Bürgersteig", ein sehr  schmaler Streifen, eignet sich nur bedingt zum Schieben unserer beladenen Fahrräder. Aber alles gut, wir stürzen uns mit gut 50 km/h in den Schlund des Tunnels, was den Vorteil hat, dass wir dann fast so schnell sind, wie die Autos. Aber es fahren nur ganz wenige zum Zeitpunkt unserer Durchfahrt. Fahrend kommen wir am anderen Ende noch ganz gut hoch, müssen dann doch gut einen Kilometer schieben, weil es zu steil wird bzw. wir so langsam werden, dass kein einigermaßen sicheres Fahren möglich ist.


Honningsvåg


Morgen Geht's Zum NORDKAP


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Kommentare: 8
  • #1

    Rainer (Montag, 03 Juli 2023 08:32)

    die Webcam am Nordkap https://nordkapp.panomax.com/ zeigt sowohl das schaurige Wetter gestern wie das sonnige Wetter heute. Ob man die 3 Mannheimer Heros dort erkennen kann, muß man sehen ...
    "O Happy Day" wäre der Song zum Tag.

    Herzliche Grüße
    Rainer

  • #2

    Georg (Montag, 03 Juli 2023 09:07)

    Meine Surfwindapp zeigt für jetzt und heute weniger Wind mit 2 dann 3 Beaufort, von Südost auf später Nordost drehend (gestern war es 5-6 Beaufort, zumindest Hans kann das einordnen). Liedtipp: Wir lieben die Stürme...
    Wir wünschen euch, dass ihr mit Wind im Rücken ins Ziel getragen werdet (wissend, dass der Weg das Ziel war, oder zumindest ein großer Teil davon).
    Gute Fahrt!
    Georg und Manu

  • #3

    Gundolf (Montag, 03 Juli 2023 09:12)

    Super, wie zäh Ihr die vorletzte Etappe gemeistert habt! "Genießt" nun die letzte Etappe Eurer Tour. Und, wie bei der Tour de France: Bei der letzten Etappe kann eigentlich nichts mehr schief gehen ...

  • #4

    Hartl (Montag, 03 Juli 2023 11:35)

    Oh Mann. Zum Schluss werdet ich ja noch richtig gefordert. Wetter garstig, Straßentunnel. Ihr hattet schon schönere Touretappen. Ich wünsche euch eine gute letzte Etappe bis ans Ziel eurer Radelträume. Ich habe nach wie vor höchste Hochachtung vor eurem gesamten Projekt und freue mich mit euch, wenn ihr dann endlich da seid und die Stunden am Nordkapp genießen könnt.

  • #5

    Herbert (Montag, 03 Juli 2023 12:02)

    Der Countdown läuft, nur noch 10km bis zum Nordkap!!!! Ein passender Song hierzu: "Wavin' Flag" von K'naan. Genießt euren Erfolg! Ihr seid Spitze!

  • #6

    Angelika R. (Montag, 03 Juli 2023 13:58)

    ���

    https://media.tenor.com/TzjpxD24768AAAAM/celebration-celebrating.gif

  • #7

    Hubi (Montag, 03 Juli 2023 14:15)

    Wir haben (aus komfortabler Entfernung) gehofft, Ihr lasst es jetzt fast ins Ziel ausrollen und da - kein Abenteuerdrama hätte es besser machen können - verkauft sich das Nordkap nochmal so teuer wie möglich!
    Mit gequältem Gesichtsausdruck haben wir Wolfgang’s Beschreibung der Wetterbedingungen der 31. Etappe gelesen. Das dazugehörige Bild (Windschatten hinter einem Schuppen) hat uns an Extrem-Bergsteiger, die kurz vor dem Gipfel vom Wetter überrascht wurden, erinnert. Nur das Foto der Pizzen (Pizzas?Pizzi?) liess uns (so wie Euch) dann aber die verkrampften Finger wieder etwas lockern und das letzte Bild von Euch Dreien (man beachte das zwar erschöpfte, doch grimmig und zu allem entschlossene Lächeln) letztendlich aufatmen. Puhhh!! What a ride!!
    Übrigens gibts da noch so einen Typ in der griechischen Mythologie: Tantalos… aber Schluss jetzt damit, das liegt im Rückspiegel!

    Gute Fahrt und günstige Wetterbedingungen auf den letzten Kilometern wünschen wir Euch mit fest gedrückten Daumen!!
    Hubi & Caroline

  • #8

    Karcher Barbara (Montag, 03 Juli 2023 16:31)

    Herzlichen Glückwunsch zum Erreichen am Nordkap. Ihr habt es geschafft. Daran hat auch wahrscheinlich keiner gezweifelt. Was ihr 3 anfangt wird auch zuende geführt. Lasst Euch feiern.